Erinnerungs-Splitter


Diskriminierung

 

Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Kind das erste Mal mit Diskriminierung konfrontiert wurde. Und ich bin mir auch sicher, dass dies eine prägende Wirkung auf mich für die Zukunft hatte, obwohl es - aus heutiger Sicht betrachtet - eher eine banale Angelegenheit war. 

 

Ich wurde eingeschult 1948 kurz nach der Währungs-Reform, in einer kleinen Dorfschule. Wir waren 33 Kinder in der Klasse, davon etwa ein Drittel Kinder von Flüchtlingen und Vertriebenen aus dem Osten, die überall im Ort und auch auf den Bauernhöfen einquartiert waren. 

Die Mehrzahl des Lehrpersonals waren ebenfalls Flüchtlinge - denn denen konnte man ihre Nazi-Vergangenheit nicht so leicht nachweisen - so auch die Lehrerin der 1. Klasse Frl. Lehner, eine ältliche bissige Jungfer.

 

Eines Tages während des Unterrichts, brachte der Gemeinde-Diener eine Schachtel voll mit "Drops", diese Bonbon in Rollen. Wer diese Bonbon gestiftet hatte weiß ich nicht. Vielleicht stammten sie aus den "Care"-Paketen der Amerikaner an die deutsche Bevölkerung. Jedenfalls freuten wir uns schon riesig auf die Süßigkeiten, denn sowas hatte damals Seltenheitswert.  

Doch dann erklärte das "Fräulein Lehrerin", dass die Flüchtlings-Kinder je vier Rollen Drops erhalten würden, die einheimischen Kinder dagegen nichts.  -  Viele traurige Gesichter !  Als dann alle Flüchtlings-Kinder beschenkt waren, da blieb noch einiges übrig.  -  Hoffnung keimte auf ... doch dann verkündete das "Fräulein Lehrerin", dass nun noch die Halbwaisen je vier Rollen bekämen. Zwei der Flüchtlings-Kinder waren Halbwaisen, so dass diese letztlich 8 Rollen bekommen hatten. Danach war die Schachtel leer ...oder sie behielt den Rest für sich; ich weiß es nicht.  

Normalerweise war es verboten während des Unterrichts zu essen, doch diesmal erhielten die beschenkten Kinder die Erlaubnis, die Bonbon sofort zu lutschen. Und so schmatzten sie uns anderen dann genüsslich etwas vor.

Hätte die Lehrerin jedem Kind zwei Rollen Drops gegeben, so hätte es für alle gereicht. Es bestand überhaupt keine Rechtfertigung für diese Ungleich-Behandlung !

Der einzige Grund: Hass auf die einheimische Bevölkerung !

 

Leider findet sich dieses Phänomen auch heute noch überall auf der ganzen Welt, wie etwa in Palästina, Kurdistan, Tibet (um nur drei Beispiele zu nennen).  -  Und dort geht es nicht nur um Bonbons ...                           (März 13)